(Ein Bericht der "Kleinen Zeitung" vom 16.06.1984)
Das Feuerinferno tobte gestern, gegen sechs Uhr früh. Der 40jährige Kraftfahrer
Johann H. aus Wiener Neustadt war (noch in Niederösterreich) auf dem Semmering
in Richtung Steiermark unterwegs gewesen. Zweihundert Meter vor der Passhöhe
schaffte die letzte enge Kehre nicht mehr. Der von ihm gelenkte Tanksattelzug
stürzte um, platzte und explodierte.
Der Treibstoff fing Feuer- 5000 Liter Normalbenzin, 11.000 Liter Super
und 11.000 Liter Diesel strömten aus, ergossen sich ins Kanalsystem, und
explodierten. Rund ein halbes Dutzend Kanaldeckel flogen meterhoch in
die Luft. Riesenglück hatte der Fahrer: Es gelang ihm trotz eines Brustwirbelbruches
und einer Lendenwirbelverletzung aus der Feuerhölle zu flüchten.
Ein Feuerwehrmann: "Nicht auszudenken, was geschehen wäre, wenn unmittelbar
hinter dem Lkw-Zug Fahrzeuge gefahren wären. Die Insassen hätten kaum
Chancen gehabt, dem Feuer und der Hitze rechtzeitig zu entkommen ..."
Die Hitze war so groß, dass der Straßenbelag schmolz, zum Teil muss er
nun völlig abgetragen werden. Die Steinmauer in der Kehre bröckelte durch
die Hitze teilweise ab.
50 Mann unter dem Einsatzleiter Abschnittsbrandinspektor Walter Hanl
aus Semmering - konnten nur Sicherungsarbeiten durchführen. Sie legten
Schaumteppiche und besprühten die gefährdeten Häuser von Semmering mit
einem Wasserschleier, damit sich die Holzteile durch die Hitze nicht selbst
entzünden konnten. Der Brand griff auch auf einen angrenzenden Wald über,
Telegrafenmasten brannten ab, die Leitungen rissen.
Für das Grundwasser gab es keine Gefährdung, da der Treibstoff verbrannte,
bevor er ins Erdreich versickern konnte. Die Unfallursache wird mit zu
hoher Geschwindigkeit (bei der Bergfahrt eines voll beladenen Tankzuges!)
angegeben. Die Kehre ist dort so eng, dass schon eine knapp überhöhte
Geschwindigkeit zum Kippen der Laster führt.
Nach Aussage der Gendarmerie stürzen in dieser Haarnadelkehre immer wieder
Laster um. Erstmals kam es jedoch zu einem derartig gefährlichen Brand;
übereinstimmend erklärten alle Feuerwehrleute, dass der Ort Semmering
in großer Gefahr war.
Auf der Semmering-Passtraße kam es zu einem Riesenstau, der vor allem
den morgendlichen Berufsverkehr blockierte. Der Schaden, der durch die
"rollende Brandbombe" entstand, wird nach ersten Schätzungen
vier Millionen Schilling betragen.
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